RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE, BAND eGA 47/48

NOTIZBÜCHER UND NOTIZZETTEL, DIGITALE EDITION

Herausgegeben von der Rudolf Steiner Nachlassverwaltung
Redaktion: Monika Philippi, Andrea Leubin, David Marc Hoffmann

«Ich habe im Gebrauche, eigentlich alles das, was sich mir ergibt
aus der geistigen Welt, immer mit dem Stift in der Hand
aufzuschreiben, zu formulieren, entweder in Worten oder in
irgendwelchen Zeichnungen. Dadurch ist die Anzahl meiner
Notizbücher viele Wagenladungen»
(Rudolf Steiner am 9. April 1923)

Seit März 2022 wird jedes Halbjahr (Ende März/September) vom Rudolf Steiner Archiv eine ‹Wagenladung› der umfangreichen Notizen Rudolf Steiners im elektronischen Band eGA 47/48 der Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe veröffentlicht.
Die 2020 begonnenen sehr aufwändigen Erschließungs-, Digitalisierungs- und Editionsprozesse1 laufen zeitlich parallel zu den Publikationen: Blatt für Blatt werden die Dokumente digitalisiert, transkribiert, ediert und publiziert. Die Auswahl der jeweils zur Veröffentlichung gebrachten Dokumente richtet sich dabei nach herausgeberischen, editionspraktischen und archivalischen Gesichtspunkten (Planungsstände, Herausforderungen während der Bearbeitung oder technische Aufwände) und deren zeitlichen Auswirkungen. Daher können genaue Anzahl der Dokumente und allfällige Themenschwerpunkte für die jeweilige Veröffentlichungswelle meist erst kurz vor Abschluss der Arbeiten für die nächste Aufschaltung abgeschätzt werden. Es hat sich gezeigt, dass pro Halbjahr ein Minimum von 30 Notizbüchern und 100 Notizzetteln sicher bewältigt werden kann – angestrebt wird jedoch eine steigende Anzahl, denn letztendlich soll die Edition einmal alle der im Rudolf Steiner Archiv erhaltenen 638 Notizbücher und ca. 7500 Notizzettel umfassen.

Rudolf Steiners Notizen sind eine Ansammlung von Aufzeichnungen verschiedenster Ursprünge, Ziele und Beschaffenheiten. Die äußere Heterogenität der Büchlein und Zettel spiegelt sich auch im Inhalt wider. Noch viel mehr als bei anderen nachgelassenen Werkteilen (wie z.B. bei Nachgelassene Abhandlungen und Fragmente 1879–1924, GA 46) werden mit den Notizen keine offiziellen «Werke» veröffentlicht, sondern unzusammenhängende und oft bezugslose, freie, private Notate, die fast ausschließlich von Rudolf Steiner an sich selbst adressiert waren. Sie geben einen Einblick in Denk-, Werk- und Ideengeschichte wie auch in Steiners Biografie bzw. Lebensorganisation und stellen oft die einzigen Zeugnisse von Gedankengängen dar, die innerhalb des Werks nicht (mehr) oder nicht auf diese Art sichtbar sind. Der Mehrwert für die Rezeption liegt hier weniger in den Notizen als ‹Werk›, sondern in dem (anderen) Licht, das diese Zeitzeugen auf das Bild der Person Rudolf Steiners und das von ihm geschaffene Werk werfen.

Die Anforderungen an eine Edition solcher Schriften sind vielfältig: Ein optisch flüssig lesbarer sowie dem inhaltlichen und kontextuellen Verständnis näher gebrachter Text ist bei dieser Art Aufzeichnungen nur bei gleichzeitiger Sichtbarkeit der Originalhandschrift möglich. Die zum Verständnis notwendige Erhebung, Organisation und Vermittlung der in den Notizen enthaltenen Informationsmengen erfordert Möglichkeiten der heutigen Digitaltechnik, weshalb dieser vielschichtige Komplex aus Steiners Nachlass erst jetzt in angemessener Form der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. Die parallele Darstellung von Handschriftfaksimile und Transkription, verbunden mit verschiedenen Darstellungs- und Orientierungsmöglichkeiten, erlauben es, die Notizen fast so zu rezipieren, als hätte man sie selbst in der Hand oder blicke Rudolf Steiner beim «Verfassen» seiner Blätter und Büchlein über die Schulter – mit dem Vorteil der durch die Edition gegebenen Lesbarkeit und Verständlichkeit.

1 Eine detailliertere Beschreibung dieser Prozesse findet sich in: Archivmagazin Nr. 12, 2022 S. 111–126.

eGA 47/48 – Editorial

Auf der Begrüßungsebene des digitalen Bandes eGA 47/48 Notizzettel & Notizbücher steht ein EDITORIAL mit Informationen und erläuternden Texten zur digitalen Ausgabe und Editionsvorgehen, zu den Notizbüchern und Notizzetteln Rudolf Steiners allgemein und zur konkreten Beschaffenheit der digitalen Edition zur Verfügung (ebenso ein Handbuch für die technische Bedienung aller Funktionen).
Alle bisher erschienenen Notizbücher und Notizzettel finden sich dann auf der Ebene DOKUMENTE.

NB 6 (1917), Titel

Sie sind dort als Miniaturansichten direkt anwählbar und können nach Signatur oder Jahreszahl sortiert und nach Dokumentart gruppiert werden. Eine Schlagwort- sowie eine Volltextsuche erlauben die Suche in Texten und Hinweisen. Ein angewähltes Einzeldokument beginnt zunächst mit einer Titelseite, die Angaben zur Materialität des Objektes, zum Inhalt sowie zu Datierung, editorischer Bearbeitung und Daten zu Erstveröffentlichung und erfolgten Aktualisierungen enthält. Außerdem findet sich hier der eigentliche Einstieg zum Durchblättern des Dokumentes («öffnen»). Innerhalb eines Dokuments ist die editorische Einheit die einzelne Seite (die Seitenzählung beginnt und endet bei Notizbüchern mit dem Umschlag). Auch leere Seiten sind faksimiliert; sie können bei Bedarf ausgeblendet werden. Die Notizbücher und Notizzettel lassen sich sowohl in Einzelseiten (mit Transkription) als auch doppelseitig (nur Bild) anzeigen; Einzelseiten und Hinweise können kopiert und ausgedruckt werden.

NB 6 (1917), S. 23

Die Faksimile-Abbildungen innerhalb eines Dokuments sind (anders als auf den Titelseiten) in die Breite des Anzeigebereichs eingepasst. Als Konsequenz werden besonders große Bildseiten nicht vollständig angezeigt und müssen bewegt bzw. gescrollt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Formate, Textdichte, Zeilenlängen und Schreibrichtungen bei Rudolf Steiner kann es für ein individuell optimales Leseergebnis außerdem nötig sein, die Faksimile-Darstellung zu vergrößern, zu verschieben oder zu drehen. Ähnliche Gegebenheiten herrschen für den transkribierten Text: Um die Grundlage der synoptischen, zeilenidentischen Darstellung zu ermöglichen, musste bei dichtbeschriebenen Originalvorlagen die Schrift der Transkription entsprechend verkleinert werden. Die Schriftgröße der Textfelder kann daher bei Bedarf zum Lesen angepasst werden

NB 20 (1910), S. 49

Die jeweils anklickbaren Hinweise und Stellenkommentare bewegen sich auf zwei Ebenen: Allgemeine Informationen und längere Erläuterungen, wie z.B. die Zuordnung der Notizen zu einem Teil von Rudolf Steiners Werk oder Erklärungen/Kommentare zu einzelnen Textpassagen, sind in einem anklickbaren Seitenhinweis untergebracht. Auch Zusammenhänge von über mehrere Notizbuchseiten oder Notizblätter verstreute Texte werden hier kenntlich gemacht und die Teile sind mittels dort angebrachter Verlinkungen direkt in der richtigen Lesereihenfolge navigierbar. Bei gesichertem Zusammenhang von Notizen mit Rudolf Steiners veröffentlichtem Werk führen entsprechende Verlinkungen direkt zur betreffenden Stelle innerhalb der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA-Online).

Das Vorhandensein kleinerer Lesehilfen, wie z.B. die Auflösung von ungewöhnlichen Abkürzungen, ist durch farbige Markierung von Textstellen gekennzeichnet, die bei Bedarf über einen Mausklick die jeweilig hinterlegte Information anzeigen.

Eingang GA-Online/eGA
[Rudolf Steiner Gesamtausgabe Online]

Derart editorisch aufbereitet werden auch in Zukunft immer weitere von Rudolf Steiners nachgelassene Notizen im digitalen Band eGA 47/48 Notizbücher & Notizzettel erscheinen und einen ständig anwachsenden Bestandteil von GA-Online bilden. Im laufenden Prozess wird so Stück für Stück neuer Boden für Erkenntnisse zu Rudolf Steiners Leben und Werk gewonnen. Dieses langwierige, aufwändige und technisch wie konzeptuell herausfordernde Projekt war und ist nur durch unermüdliche interdisziplinäre Zusammenarbeit der Rudolf Steiner Nachlassverwaltung, des Rudolf Steiner Archivs mit dessen Editions- und Archivierungs-Abteilung sowie der Mikrografieabteilung des Bürgerspitals Basel und der Zephir Software Design AG zu bewältigen. Ehrenamtliche Unterstützung bei Ordnungs- und Transkriptionsarbeiten spielen dabei genauso eine Rolle wie institutionelle und private Geld- und Sachspenden.

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